"Sag mal, geht's Dir noch gut??" brüllte Gork seinen Freund, den orkischen 
Söldner Wushtor aus Leibeskräften an. Er hatte mit Bedacht diesen Ort 
ausgesucht, an dem es nicht auffallen würde, wenn Bekannte einander 
anbrüllten. Wenn die Bardentruppe 'Orkania' in der Taverne Rentierfurz 
spielte, wurde es immer laut. Sehr laut.
"Mich ans Messer zu liefern! Ich dachte, Du wärst ein Freund", setzte er dann 
nicht weniger geräuschvoll hinzu. Schon jetzt, bevor überhaupt nur einer der 
Barden die Bühne in der verräucherten Taverne betreten hatte, waren Bier und 
Orkvodka in Strömen geflossen, und da sich Orkania in den entsprechenden 
Vierteln Ithiljars einer gewissen Anhängerschaft erfreute, war der nicht eben 
winzige schmuddelige Schankraum auch schon zum Bersten mit betrunkenen Orks, 
Halborks und einigen Menschen gefüllt. Hier und da ragte auch ein massiger 
Troll aus der Menge.
"Ans Messer liefern?" Die Stirn des Angesprochenen runzelte sich. "Hör mal, 
ich habe Deinen Arsch gerettet."
"Wushtor, die Dame eures Hauses hat sehr genau Bescheid gewußt und sogar offen 
gesagt, daß Du geplaudert hattest."
Für einen Augenblick erstarb das Gespräch in dem ohrenbetäubenden Gegröhle der 
Anwesenden, als die Diener der Barden unter großen Mühen die Instrumente auf 
die Bühne schleppten. Der Kommissar erhaschte durch die wogende Menge einen 
Blick auf mehrere aus Stahl geschmiedete Lauten und eine wirklich riesige 
Kriegstrommel.
"Meinst Du nicht, die hätte sowieso herausbekommen, daß Du an der Sache 
arbeitest, und daß die Einladung dann freundlicher ausgefallen wäre?" Der 
orkische Söldner war ehrlich betroffen. "Gork, Du weißt nicht, wie sie sind. 
Sie bekommen, was sie wollen, und sie bekommen es sofort."
"Ich hatte schon mit Eiselfen zu tun, danke."
Es wurde jetzt schwieriger, sich gegen die lärmenden Zuschauer verständlich zu 
machen. Die Stimmung war dem Sieden nahe, und die ersten Flaschen und Tonkrüge 
flogen schon in Richtung Bühne.
"Aber nicht mit Adligen. Du hast keine Ahnung, zu was die fähig sind." Wushtor 
beugte sich jetzt nah an das Ohr seines Begleiters, was im Gestoße und 
Geschiebe der Menge gar nicht so einfach war. Wieder brandete die Trommelfelle 
strapazierender Jubel und Gegröhle auf, als mehrere Gestalten in dunklen 
Umhängen dramatisch langsam zwischen die bereitliegenden Instrumente schritten 
und auf ihren Blechhörnern das Intro der Bardentruppe zu spielen begannen. Im 
Hintergrund wurde Rauch aus einem tönernen Faß in Richtung Zuschauer gewedelt. 
Dem Geruch nach handelte es sich um brennendes Erdpech.
"Ich weiß, zu was Eiselfen fähig sind, danke. Ich habe oft genug dienstlich 
mit ihnen zu tun", bellte Gork noch immer verärgert zurück. "Und was Adelige 
angeht, da war das Gespräch mit Lady Gwinbrian, sagen wir mal, sehr 
interessant."
Wieder wurde die Verständigung unmöglich, als endlich die langerwarteten 
Künstler vor die tobenden Zuschauer traten. Der Kommissar, der sonst nicht oft 
diese Art von Musik hörte, staunte nicht schlecht, als er sah, daß sich ein 
Bergtroll hinter die Trommel setzte und nach Schlegeln aus Fels griff. Der 
orkische Sänger der Gruppe begrüßte seine Fans mit einem rauhkehligen 
Kauderwelsch, das beim besten Willen nicht zu verstehen war.
"Laß uns hinterher in Ruhe darüber reden", sagte Wushtor, und dann begann des 
Konzert.
Hinterher schwor Gork sich, nie wieder auf ein Orkania-Konzert zu gehen, 
obwohl er nur eine kleine Beule am Hinterkopf hatte - eine zu kurz geworfene 
Flasche hatte ihn dort getroffen, und aus der im Gemenge entstehenden 
Schlägerei hatten sich die beiden heraushalten können. Der durchschnittliche 
Besucher des Rentierfurz sah an diesem Abend mitgenommener aus, man sah 
blutige Nasen, blaue Augen, Schnittwunden, und es stank nach Bier und Vodka 
und Erbrochenem, als die Menge sich in der eiskalten klaren Luft der 
Altstadtgassen zerstreute. Das Piepen in den Ohren des Halborks schien nicht 
enden zu wollen, aber die entfesselte Brutalität in dem Gebrüll und Gehämmer 
des Abends hatte auch sein Gutes gehabt: der Zorn auf den Unterleutnat der 
Söldnergarde war verraucht.
"War doch geil, oder?" fragte der gerade mit glasigen Augen.
"Wir wollten noch reden", antwortete Gork.
Wushtor besann sich etwas. "Ehrlich, ich hab's gut gemeint."
"Na gut, ich will Dir glauben. Aber ich bin nicht begeistert. Normalerweise 
halte ich mich raus aus den Angelegenheiten der Adelsclane." Der Zivilpolizist 
bohrte mit dem kleinen Finger in seinem Ohr herum, aber auch das schien das 
Piepen nicht beseitigen zu können.
Sein orkischer Freund lachte unschuldig. "Das gelingt nur wenigen in 
Ithiljar."
"Hör mal, Wushtor", antwortete der halborkische Kommissar mit verdrießlicher 
Miene, "ich weiß nicht, was in den Palästen der Clans so vorgeht. Aber ich 
habe oft genug mit den Speichelleckern der Herrscher von Nordmar zu tun, und 
ich mag ja bloß ein blöder Nichtelf sein, aber ich bekomme recht gut mit, was 
außerhalb unser von allen guten Geistern verlassenen Provinz vor sich geht. 
Die wirklich Mächtigen sind die Ordensoberen, und sie stellen in vielen 
Provinzen schon den Präfekten. Und nicht mehr Adelige. Und sie schicken ihre 
Spitzel auch nach Ithiljar, Wichtigtuer und Tausendprozentige, die mit Deinen 
Adligen nicht viel im Sinn haben. Erklär mir nicht, wie Eiselfen sind."
"Die Clans bezeichnen sie als 'bürgerliche Emporkömmlinge'", antwortete der 
Ork. "Du müßtest mal erleben, wie sie untereinander über die tratschen. Würde 
dir gefallen."
"Ich würde nicht mal einem adeligen Eiselfen empfehlen, sich gegen einen 
dieser Ordensfanatiker zu stellen. Weißt Du, die glauben tatsächlich an dieses 
ganze offizielle Zeug von 'Effizienz' und 'Hingabe im Dienst am Schattenlord' 
und so weiter. Die sind gefährlich, umso mehr, weil sie Rückendeckung von ganz 
oben haben."
"Ach was." Wushtor schnaubte verächtlich. "Nordmar-Stadt und Finsterbinge sind 
weit weg von Ithiljar. Ich sagte ja, Du weißt nichts von den Clans. Die haben 
Verbindungen untereinander, die Du Dir nicht mal im Traum vorstellen kannst. 
Und sie verachten bürgerliche Eiselfen, obwohl einige von denen es sogar in 
die Clans hinein geschafft haben. Ich denke, diese strebsamen Ordenselfen 
werden zumindest hier in Ithiljar noch lange kein Bein an die Erde 
kriegen."
Der orkische Söldnerleutnant klang sehr überzeugt. Gork entschied, daß er 
wirklich zuwenig von den alteingesessenen Eiselfen der Provinz wußte, und 
dieses Informationsdefizit verlangte dringend danach, beseitigt zu werden. Die 
beiden Freunde stiegen über einen weiteren Konzertbesucher, der im 
Alkoholrausch bewußtlos am Eingang zum Altstadtmarkt lag.
"Weißt Du jemand, der Informationen über die Interna der Clans hat?"
"Sie schreiben alles auf", antwortete der Unterleutnant, "Informationen gibt 
es sicher, falls Du lesen kannst. Ich kenne mich mit sowas nicht aus."
Gork brummte nur, während er daran dachte, daß ein Besuch in der Bibliothek 
der Stadt wohl unumgänglich war. Nun, wenigstens mußte er nicht ins Archiv.
Plötzlich hellte seine Miene sich auf. "Hey, ich weiß was", rief er aus, 
während seine Blicke über den wie immer von Orks und Menschen wimmelnden 
Marktplatz unter dem frostklaren Sternenhimmel schweifte und an der vertrauten 
Fassade von 'Görks Örk Döner' hängenblieb. "Wir gehn erstmal eine 
Fleischtasche essen."
"Gute Idee, aber..." Wushtor machte ein betretenes Gesicht. "Ich bin noch 
verabredet."
"Was?" Der Freund des Kommissars war sonst nicht jemand, der sich mit Freunden 
verabredete. Oder sollte der Besuch bei Gorks Mutter erste Früchte tragen?
"Kenne ich Deine... Verabredung?", fragte der Halbork daher ganz 
vorsichtig.
"Sie heißt Uga." Der kräftige Söldner war sichtlich verlegen.
"Na, dann noch viel Spaß heute abend", verabschiedete sich Gork mit einem 
süffisanten Grinsen.
Der Kommissar dachte mißmutig daran, daß die Frostperiode ziemlich heftig 
dafür war, daß die Polarnacht erst angefangen hatte, während er zu den in der 
samtenen Schwärze des Himmels erbarmungslos glitzernden Sterne aufblickte. 
Seine vor Kälte gefühllosen Füße machten rasche knirschende Schritte über die 
Weite des reifbedeckten Zitadellenplatzes. Bei der Kälte war nicht viel los, 
alles, was nicht eiselfisch war, blieb bei dem Wetter lieber in den geheizten 
Häusern und Erdhütten, so daß Gork sich auf dem Weg zur Bibliothek der Stadt 
unbeobachtet wähnte und sein Ziel direkt ansteuerte.
Das Gebäude befand sich an einer Ecke des großen Platzes, hinter der 
Niederlassung der eiselfischen Händlergilde. Es besaß eine der protzigen 
weißen Fassaden aus der prunkvolleren Vergangenheit der heruntergekommenen 
Stadt, doch beim Näherkommen fielen der eine oder andere Makel in all dem 
Marmorschmuck auf, abgebrochene Gliedmaßen an Figuren, Flecken im Mauerwerk, 
die offensichtlich statt mit Marmor mit Gipsverputz übergeweißelt worden 
waren, dunkle Streifen, wo viele Jahre lang das sommerliche Schmelzwasser vom 
Dach heruntergelaufen war, vom Frost abgenagte Kanten an Portalen, Friesen und 
Säulen. Es war eben eines der normalen, weniger repräsentativen öffentlichen 
Gebäude von Ithiljar.
Der Zivilpolizist steuerte den Seiteneingang an. Es wurde nicht gern gesehen, 
wenn Nichtelfen, auch wenn sie Angestellte der Stadtverwaltung waren, das 
Hauptportal öffentlicher Gebäude benutzten, und für Gork war es normal, an 
solchen Gebäuden durch die Hintertür einzutreten. Ein menschlicher 
Bediensteter runzelte drohend die Stirn, als er den Halbork eintreten sah, 
doch Gork zog nur sein Ausweismedaillon unter dem Wams hervor, und er wurde 
eingelassen.
Leise hallten seine Schritte auf dem polierten Marmorboden des hohen Saales. 
Die Bibliothek schien gänzlich leer zu sein. Im schwachen Schein der wenigen 
Fackeln erstarrte die staubige Luft der hohen düsteren Gewölbe gänzlich.
Der Kommissar sah sich suchend um. Eine Auskunft schien es nicht zu geben, und 
nach seinen Erfahrungen mit derartigen Dienststellen wäre ohnehin jeder, der 
dort arbeitete, nach Möglichkeit nicht zuständig gewesen und hätte versucht, 
ihn an einen Kollegen zu verweisen.
 Langsam, fast schleichend bewegte sich Gork an den altersschwachen 
verblaßten Vorhängen der Wände entlang, las Aufschriften an Regalen mit 
Karteikästen, lugte zwischen Stapel von Büchern und Schriftrollen, die mit 
ihrem Gewicht fast den Tisch, auf dem sie lagen, zum Zusammenbrechen brachten, 
nieste vom Staub wurmzerfressenen Pergamentes.
Nachdem er den Katalogsaal einmal komplett umrundet hatte,wurde ihm langsam 
klar, wie die Schriften der Bibliothek geordnet waren. Wie im ganze Katakomben 
verstopfenden Stadtarchiv gab es kein wirkliches Ordnungsprinzip; die Regale 
standen grob chronologisch angeordnet, und alle weiteren Neuzugänge, solange 
es welche gegeben haben mochte, waren einfach da abgestellt worden, wo Platz 
war. Das vereinfachte die Sache wesentlich.
Gork konzentrierte sich darauf, die Reihen nach hineingezwängten kleineren 
Regalen und Tischen zu durchsuchen, die noch nicht verstaubt waren. 
Schließlich suchte er ja eines der neueren Werke über die Eiselfenclans der 
Stadt. Eine ganze Stunde verbrachte er so mit Blättern, Niesen und 
Leise-vor-sich-Hinfluchen, ehe er in einem dicken schweren Ledereinband den 
handschriftlichen Eintrag fand: "Neuzugänge ab 962 im Saal XIIIa/2-4 im 
Obergeschoß".
Erschöpft setzte sich der Kommissar auf den Boden, ungeachtet der 
Staubschicht, die dabei aufgewirbelt wurde. Wenigstens wußte er jetzt, 
wo er suchen mußte, auch wenn die Tortur damit vermutlich erst richtig 
losging.
 Während seiner Verschnaufpause sah er aus dem Augenwinkel eine 
Bewegung auf der Galerie des hohen Saales. Eine Gestalt schlurfte dort 
geistesabwesend entlang, ein Eiself mit wirr abstehendem, grauem Haar, der 
beim Gehen angestrengt eine lang herunterhängende Schriftrolle las. Vermutlich 
war das der Bibliothekar, was bedeutete, daß es zwecklos war, ihn zu 
fragen.
Seufzend rappelte Gork sich auf und suchte nach der Treppe ins Obergeschoß. Er 
verbrachte mehrere Stunden damit, Ausschau nach dem Saal mit der Nummer XIIIa 
zu halten, während der er dreimal vor sich schimpfend wieder ins Erdgschoß 
hinunterstieg, um im Eingangsbereich einen Plan des Obergeschosses zu suchen. 
Einmal rannte er dabei fast den Bibliothekar über den Haufen, der ihn 
allerdings in seinem würdevollen Schlurfen die düsteren staubigen Gänge 
entlang nicht einmal bemerkte. Das Resultat seiner Suche war, daß es mehrere 
Säle XIIIa gab, die sich auch alle ordentlich nebeneinander zu befinden 
schienen; allerdings war jeder von einer anderen Seite her zugänglich. Nahe am 
Ziel seiner Suche, wußte der Kommissar nicht, wie er hineingelangen sollte, um 
schließlich erleichtert aufzuschreien, als er herausfand, daß XIIIa/2-4 eine 
eigene Einganstreppe aus dem Seitenflügel des Erdgeschosses herauf hatte. Als 
er endlich das Schild mit der Aufschrift 'Neuzugänge' direkt vor sich sah, 
zitterten ihm die Knie, und er wischte sich den kalten Schweiß von der 
Stirn.
Aber seine Suche war noch nicht zu Ende. Das Buch, das er schließlich fand, 
war tief in den Regalwänden begraben, in denen nur etwa die Hälfte aller Titel 
nicht in Elfenrunen geschrieben war, und der arme Gork war kurz davor, sich 
einfach vor sich hinbrabbelnd auf dem Boden zu wälzen, als er es endlich fand. 
Es war ein dicker Schinken mit dem Titel 'Von der Historie der Edlen und Hohen 
Häuser der Elfen reinsten alten Blutes von Ithiljar, zweisprachig mit einer 
Zusammenfassung in der Sklavensprache verfaßt von Vanadar del'Udrien im Jahre 
971'.
Noch immer hatte sein Leidensweg kein Ende, denn er war am Ende seiner Kräfte 
angelangt und konnte nicht mehr einfach hier sitzen und lesen. Sein orkisches 
Erbe rebellierte und verlangte nach dieser Qual nach einem Vollrausch und viel 
Schlaf hinterher; also beschloß er das Machwerk auszuleihen, nur um nach einer 
entnervten Diskussion mit dem Bibliotheksdiener festzustellen, daß das für ihn 
nicht möglich war. Obendrein mußte er sich noch hochnäsig darüber belehren 
lassen, daß die Öffnungszeit der Bibliothek dem Ende zuging. Grollend brachte 
er daraufhin den schweren Band wieder zurück in den Saal XIIIa/2-4, allerdings 
nicht ohne sich den Weg genauestens einzuprägen und mit seiner letzten Kraft 
Ausschau nach schlecht einsehbaren Fenstern und Türen zu den Seitengassen zu 
halten. Einer der Gründe dafür, daß Gork Kommissar geworden war, war nämlich 
seine Sturheit, und er wollte dieses Buch jetzt, nachdem er ihm endlich 
habhaft geworden war. Mochte es noch so tief in dieser verwünschten Bibliothek 
begraben liegen, er würde es bekommen.
Ein aufmerksamer Beobachter, den es auch diesmal nicht gab, hätte 
etwa eine Woche später bemerkt, daß im dichten Eisnebel der dunklen Gasse 
neben der Bibliothek eine vermummte Gestalt wohlgeübt mit Dietrichen zu 
hantieren begann.
Zweifellos hätte der Beobachter feststellen können, daß die vermummte 
untersetzte Gestalt kein gewöhnlicher Dieb war, denn sie verließ die 
Bibliothek schon nach sehr kurzer Zeit wieder mit einem einzelnen Buch unter 
dem Arm. Da es den Beobachter nicht gab und auch sonst niemand, der das 
fragliche Buch jemals hatte lesen wollen noch es in Zukunft wollen würde, 
blieb das Fehlen eines langatmig geschriebenen Werkes über lokale Geschichte 
aus dem Saal XIIIa/2-4 bis auf weiteres unbemerkt.