Amir del'Udrien, Präfekt der nordmarischen Provinz Ithiljar, war zufrieden. 
Sorgsam strich er sich das eisgraue Haar zurück, das ihm beim Schreiben in die 
hohe blasse Stirn gerutscht war. Sein Blick fiel kurz durch das hohe Fenster 
seines Arbeitszimmers hinaus in das trübgraue Tageslicht über dem vereisten 
Lhunfjord. Der Winter war inzwischen weit fortgeschritten, bald würde der 
festgesetzte Inquisitor Morfindel auf den Weg nach Matochkin Shar gebracht 
werden.
Befriedigt dachte Amir daran, daß es möglich gewesen war, einen dieser 
arroganten Wichtigtuer aus den Orden empfindlich in seine Schranken zu weisen. 
Fast überall in Nordmar waren die vom Schattenlord kontrollierten Orden die 
Inhaber der Macht; in fast allen Provinzen stellten ihre Beamten sogar den 
Präfekten. Die altehrwüdigen Adelsclans, denen dieser Posten doch aufgrund der 
Reinheit ihres Blutes zustand, waren schon seit langem aus der Politik 
weitgehend verdrängt worden. Eine betrübliche Entwicklung, die da in Nordmar 
stattgefunden hatte. Leider konnte man dagegen nicht direkt vorgehen, denn die 
Orden waren die Schoßtierchen von Schattenlord Vrash. Eine Intervention war 
Hochverrat.
Deshalb war der Fall von Inquisitor Morfindel auch so erfreulich für Amir. 
Natürlich würden den Inquisitor die Kopien der Gerichtsakten zu seinen 
Ordensoberen begleiten, die sich mit seinem Fall befassen mußten, aber das war 
nicht das wirklich belastende Material. Der Präfekt schrieb lange Briefe, die 
auf sehr inoffiziellen Wegen nach Matochkin Shar gelangen würden. Und diese 
Briefe würden Morfindel indirekt in wesentlich größere Schwierigkeiten 
stürzen.
Die Clans mochten das Land nicht mehr überall regieren, aber sie besaßen noch 
immer Bergwerke, Viehherden, Sklaven, Schiffe und Handelshäuser. Sie waren 
unermeßlich reich und stellten damit immer noch das wirtschaftliche Rückgrat 
der Inseln. Und das war die verborgene Macht, die sie noch immer 
innehatten.
Und die Clans hatten Verbindungen. Die Handelskontakte, Gefälligkeiten und 
Verwandschaftsverhältnisse überzogen ganz Nordmar wie ein unsichtbares Netz 
von Krakenarmen. Und dieser gedachte sich Präfekt del'Udrien jetzt zu 
bedienen.
Der Adel von Nordmar war weit davon entfernt, sich aus dem Gefüge der Macht 
zurückzuziehen.
Befriedigt setzte Amir seine feingeschwungene Unterschrift unter das 
Pergament, das bald nach Süden abgehen würde, und zog das kleine silberne 
Döschen aus dem Ärmel seiner halboffiziellen Amtsrobe. Wärend er etwas von dem 
schneeweißen Pulver darin schnupfte, dachte er daran, daß heute ein guter Tag 
wäre, um sich wieder einmal von der jungen Orksklavin in dem geheimen 
Turmerkerchen verwöhnen zu lassen.
Auch Gwinbrian del'Xarinn war sehr zufrieden. Sie zupfte befriedigt an ihrer 
Kleidung, als sie den weiten dämmerigen Vorraum zum großen Kuppelsaal im 
Gir-Tempel der Stadt betrat. Seit Mittwinter trug sie nicht nur die blaue 
Schärpe, die ihr als Adeliger der Provinz Ithiljar zustand, sondern auch noch 
die silberne Schärpe einer Clanchefin.
Es bereitete ihr besondere Freude, an Fingors Ende zu denken, auch wenn ein 
Lächeln an diesem Ort des Bewahrens nicht schicklich war. Fast zehn Stunden 
lang war er unter ihren Klingen gestorben, und sie hatte es geschafft, seinen 
Verstand in dem blutigen Haufen Matsch, der sein Körper dabei geworden war, 
fast bis zum Schluß nicht in den Bereich des Wahnsinns fliehen zu lassen. Er 
hatte es bis zur Neige auskosten müssen. Dieses Werk war eindeutig der 
krönende Abschied ihres künstlerischen Lebens. 
Und seinen Vater Finbron hatte sie nebst seines Anhanges umgehend aus dem Clan 
geworfen. Sie wohnten jetzt, wohlüberwacht von Xarinn-Spitzeln, in einem 
kleinen Haus der Bürgerneustadt. Ehrlich gesagt war es Gwinbrian egal, was aus 
ihnen wurde. Von ihr aus konnten sie verhungern. Einzig ihre Halbschwester 
hatte die alte Eiselfendame im Clan behalten; sie war schließlich fruchtbar 
und konnte mit einem der Adeligen der Provinz verheiratet werden. Nachwuchs 
war das, was der Clan jetzt brauchte.
Während die neue Clanchefin bedächtig durch den langen säulengesämten Saal aus 
weißem Marmor schritt, glitten ihren Gedanken dabei wie von selbst zu ihrer 
Nichte Morwen, die irgendwo in den Mittellanden war. Leider mußte die wohl 
ihre Dienstzeit bei der Legion ableisten; aber vielleicht konnte Gwinbrian 
ihren Einfluß geltend machen, so daß sie zur 18. Legion versetzt wurde, in 
ihre Heimatstadt. Schließlich besaß die alte Dame nach ihrer Heldentat in der 
Oper das besondere Wohlwollen des Präfekten.
Zwei schweigende Angehörige des Gir-Tempels kamen ihr aus dem großen 
Kuppelsaal entgegen und verneigten sich ehrerbietig vor der Adeligen. Sie 
betrat langsam das weite Rund.
Es war immer wieder beeindruckend, in die riesige Kuppel, die das Herz des 
Tempels bildete, zu treten. Der weite Raum war an den Wänden über und über mit 
Juwelen überzogen, in ineinandergewobenen Ornamenten. Jeder einzelne der 
kostbaren Kristalle, die die Innenseite der Kuppel überzogen, repräsentierte 
einen Eiselfen, der in Ithiljar gelebt hatte. Ganze Stammbäume von Ahnen 
musterten sich über die riesigen Flächen, alle waren hier vertreten, selbst 
die Eiselfenfamilien der Unterschicht.
Gwinbrian suchte und fand schnell das Ornament ihrer Familie, das sich wie 
alle der Adelsfamilien hoch oben im Kuppelrund befand. Lange ließ sie das 
glitzernde Gesamtbild auf sich wirken, denn die Kristalle der Familie Xarinn 
bestanden fast alle aus klaren Diamanten, die ein Ornament formten, das ein 
stilisiertes Bild der Landschaft des Aeghras wiedergab. Ihre Augen erkannten 
die von Flechtwerkmustern umgebene Silouette des Berges, dessen Minen ihre 
Familie hatten reich werden lassen, das weiße Eis hinter ihm und den langen 
schmalen Gletscherstausee im Tal davor.
Alle ihre Ahnen waren dort versammelt, unzählige klare Steine, die im 
schwachen Lichterglanz der Kuppel strahlten und glitzerten wie Sterne. Es war 
einschläfernd, beinahe hypnotisch. So still, wie es an diesem Ort des 
Bewahrens war, konnte man sich einbilden, daß alle ihre Ahnen mit kaum 
hörbaren Stimmen zu ihr flüsterten.
Die alte Eiselfin glitt mit ihren Blicken an den Mustern der Diamanten hoch 
oben entlang. Vertraut waren ihr die Linien, und sie suchte eine bestimmte 
Stelle auf, an der stilisierten Schulter des Aeghras, an der eine einzelne 
grünlich schimmernde Raute aus einem lupenreinen Diamanten eingelassen war. 
Lange sah sie diesen einzelnen Stein an, den Kristall ihres Vaters, der vor 
langer Zeit Clanchef gewesen war, ehe ihre Gedanken in ihrem Geist einen Satz 
formten.
Vater, bist Du stolz auf mich, fragten die Worte in ihrem Kopf. Und für 
einen Augenblick schien es ihr, als wenn das schwache, kaum hörbare Flüstern 
in der Kuppel lauter wurde und einen löblichen Beiklang bekam. Aber der 
Augenblick war flüchtig und ließ sie schnell wieder allein in der weiten 
leeren Kuppel zurück.
 
Gork gehörte dieser Tage ebenfalls zu den zufriedenen Bewohnern Ithiljars. Er 
freute sich darüber, daß es nicht mehr so kalt war und wenigstens schon wieder 
mittags der Himmel dämmergrau wurde. Nicht mehr lange, und man konnte sich 
wieder des ersten Sonnenstrahles erfreuen.
Sehr befriedigend war, daß sich auch seine Patronin, die Lady Gwinbrian, jetzt 
Chefin des Xarinn-Clans, für ihn eingesetzt hatte. Sie mußte sich wohl lobend 
über ihn beim Präfekten geäußert haben, denn der Zivilpolizist genoß nun den 
Rang eine Hauptkommissars. Was, nebenbei bemerkt, mit deutlich höherem Sold 
verbunden war, und auch das war angenehm.
Daß offiziell die Lady den ganzen Ruhm bekam, die Verschwörung aufgedeckt zu 
haben, störte ihn nur wenig. So war das hier in Ithiljar. Die Arbeit machten 
die Diener, und den Lohn heimsten irgendwelche Elfenherren ein. Man gewöhnte 
sich daran. Was zählte, war nur, daß diesmal genug für ihn selbst dabei 
abgefallen war. Hauptkommissar. War schon jemals ein Halbork in 
Ithiljar so weit aufgestiegen? Gork grinste vor Stolz breit und zahnig.
Gut an der ganzen Sache war auch, daß er nun seiner alten Mutter mehr Geld 
zustecken konnte und trotzdem noch etwas für sich zum Sparen behielt. Mutter 
sprach zuweilen davon, daß sie jetzt doch "ein paar Mädchen zu sich nehmen 
könne" - was bedeutete, daß sie wieder in ihrem alten Gewerbe aktiv wurde, 
diesmal allerdings als Unternehmerin. Schwierigkeiten würde ihr niemand 
machen; seit bekannt geworden war, daß Gork das Patronat der Xarinn-Clanchefin 
genoß, konnte sie vermutlich einen Sack Gold von einem Ende der Stadt zum 
anderen tragen, ohne auch nur angesprochen zu werden.
Der Zivilpolizist grunzte behäbig. Er schrieb an dem morschen Schreibtisch in 
seinem Kellerverschlag die letzten Zeichen auf das Pergament und legte den 
Abschlußbericht dann in die Akte des Opernfalles. Ein abgeschlossener Fall. Er 
konnte heute früh Feierabend machen, denn er hatte noch eine Einladung eines 
guten Feundes, die er auf gar keinen Fall versäumen wollte.
 
Und das führt uns zu einem weiteren Wesen, das an diesem Tag außerordentlich 
zufrieden war. Hauptmann Wushtor hatte nicht nur Grund, sich über seine 
kürzliche Beförderung zu freuen, nein, heute war aus einem viel wichtigeren 
Grund ein Tag der Freude für ihn. Gewandt stieg er in der Mittagsdämmerung auf 
den Rentierwagen, den er sich bei einer Schlachterei nahe seines Heims 
geliehen hatte. Er griff die Zügel und lenkte das Gefährt im Stehen durch die 
gewundenen Gassen des Orkviertels. Fast wirkte er wie einer der Helden aus den 
alten Märchen der Elfen, wie er da gefahren kam, mit blank gewienerter 
Lederrüstung, an der jeder einzelne Niet auf Hochglanz poliert war, und einem 
mächtigen Schwert an der Seite.  Stolz reckte er den Kopf, denn er fuhr an 
diesem Tag, seine Braut von zuhause abzuholen und zum Orkstein auf der 
unbebauten Wiese nahe der Stadtmauer zu bringen, wo schon der Schamane 
wartete.
Seine liebliche Wurklinde hatte schließlich eingewilligt, seine Frau zu 
werden, und heute war ihr Hochzeitstag. Für Wushtor war es der glücklichste 
Tag seines Lebens, und sein Herz hämmerte wie wild in seiner Brust, als er das 
alte Wohnhaus seiner Geliebten näherkommen sah.